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Verschuldung: Ist die Privatinsolvenz der letzte Ausweg?

Für viele Menschen ist es Alltag, sich Anschaffungen durch Privatkredite zu finanzieren. Manchmal ist diese Form der Finanzierung die letzte Rettung, um etwas Notwendiges zu kaufen, beispielsweise wenn ein neues Auto gebraucht wird, um zur Arbeit zu kommen. Solange der Kredit ordentlich zurückgezahlt wird, gibt es keinen Grund zur Sorge. Doch, wenn immer mehr Kredite aufgenommen werden, bevor die älteren abbezahlt sind, landen manche Verbraucher schnell in der Schuldenfalle. Die oft geringen Monatsraten sind so verlockend, dass gerade kleinere Verbraucherkredite gern in Anspruch genommen werden. Bevor man sich versieht, ist man verschuldet und findet keine Möglichkeit, die Schulden zurückzuzahlen. Für viele Menschen ist die Privatinsolvenz der letzte Ausweg.

Vorteile der Privatinsolvenz

Eine Privatinsolvenz bietet einige Vorteile. Der Schuldner kann bereits nach 3 Jahren komplett schuldenfrei sein. Das ist erst seit 2020 möglich, zuvor waren es noch 6 Jahre. Sobald die Privatinsolvenz eröffnet wurde, fallen sämtliche Konto- und Lohnpfändungen weg. Die gefürchteten Besuche vom Gerichtsvollzieher sind ebenfalls vorbei. Das bedeutet aber nicht, dass man sein komplettes Geld behalten kann.

Seit Juli diesen Jahres beträgt das Existenzminimum 1.339 Euro. Wenn jemand Unterhaltsverpflichtungen hat, erhöht sich der Freibetrag. Es muss aber nicht alles abgegeben werden, was darüber hinaus geht. Es gibt eine Pfändungstabelle, nach der sich gerichtet wird. Einigen bleibt mehr Geld übrig, da die vielen monatlichen Kreditraten wegfallen.

Nachteile der Privatinsolvenz

Nach den 3 Jahren der Privatinsolvenz bleibt der negative Schufa-Eintrag für weitere 3 Jahre bestehen. Es ist schwierig, Verträge abzuschließen für die eine Schufa-Auskunft nötig ist. Das gilt ebenso für Anbieterwechsel bei Strom, Gas, Telefon oder Ähnlichem. Der Schuldner ist für 6 Jahre an seinen Anbieter gebunden. Das könnte auch bei einem Wohnungswechsel problematisch sein. Es wird wohl nur wenige Vermieter geben, die einen Mieter akzeptieren, der sich gerade in der Privatinsolvenz befindet oder eine negative Schufa hat.

Besonders schlimm ist es für den Schuldner, seinen Arbeitgeber zu informieren, dass der pfändbare Teil seines Einkommens an den Treuhänder überwiesen werden muss. Außerdem wird jede Insolvenz öffentlich bekannt gemacht. Jeder kann somit nachlesen, wer in einer Privatinsolvenz ist. Vielen Menschen ist diese Situation sehr peinlich.

Das Konsumverhalten muss drastisch eingeschränkt werden. Es dürfen keine neuen Schulden erzeugt werden, sonst ist die Restschuldbefreiung gefährdet. Eine Privatinsolvenz ist zudem mit Kosten verbunden. Sowohl der Treuhänder als auch das Gericht wollen bezahlt werden.

Wie läuft eine Privatinsolvenz ab?

Zunächst sucht man sich einen Schuldnerberater oder einen Rechtsanwalt. Bis zu einem Termin kann es ein paar Tage dauern. Die Zeit sollte sinnvoll genutzt werden, indem der Betroffene alle Unterlagen zusammenstellt. Am besten heftet man alle Forderungen ordentlich ab und macht eine Auflistung der Gläubiger. So kann man sich selbst einen Überblick verschaffen und es hilft dem Schuldenberater. Oft kennen die Schuldner die genaue Höhe ihrer Schulden nicht und sind erschrocken, wenn sie alles zusammengerechnet haben. Außerdem sollten Unterlagen zum eigenen Einkommen, den Besitztümern und Vermögenswerten zusammengetragen werden.

Die außergerichtliche Schuldenbereinigung

Der Berater versucht im ersten Schritt, eine außergerichtliche Bereinigung der Schulden zu erlangen. Dazu werden den Gläubigern Angebote gemacht, die unter der eigentlichen Schuldenhöhe liegen. Es werden Ratenzahlungen angeboten. Die Höhe dafür erarbeitet der Schuldenberater vorher mit dem Schuldner in einem Ratenzahlungsplan. Leider scheitert dies oft. Wenn nur ein Gläubiger ablehnt, ist die außergerichtliche Einigung gescheitert.

Die gerichtliche Schuldenbereinigung

Als nächsten Schritt wird ein Insolvenzantrag gestellt. Dazu wird der Schuldenbereinigungsplan vorgelegt und erklärt, weshalb eine außergerichtliche Einigung gescheitert ist. Ziel ist es, das Insolvenzgericht prüfen zu lassen, ob ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren Erfolg verspricht. Dies passiert nur selten. Meist wird das Insolvenzverfahren direkt eröffnet, da die Erfolgsaussicht sehr gering ist. Die Gläubiger, die abgelehnt haben, ändern kaum plötzlich ihre Meinung und nehmen das Angebot an, nur, weil es ihnen nun vom Gericht unterbreitet wird.

Das umfangreiche Antragsformular füllt der Gläubiger zusammen mit dem Berater aus.

Der Antrag

Das umfangreiche Antragsformular füllt der Gläubiger zusammen mit dem Berater aus. Hierfür wird ein Verzeichnis mit allen Gläubigern und den Schulden, sowie eines über das eigene Vermögen benötigt.

Die Verfahrenskosten

Vom Gericht wird geprüft, ob die Verfahrenskosten gedeckt sind oder die Verfahrenskosten gestundet werden können. Wird dem Antrag zur Stundung stattgegeben, müssen die Kosten erst nach der Restschuldbefreiung gestellt werden.

Bestimmung des Treuhänders

Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird ein Treuhänder bestimmt. Dieser kann auch vom Schuldner ausgewählt werden. Oft kennen Rechtsanwälte oder Schuldnerberater Treuhänder, mit denen sie gute Erfahrungen gemacht haben. Wichtig ist, dass der Schuldner gut mit ihm auskommt, da er mit ihm alles Organisatorische klärt. Der Treuhänder muss auch eventuell vorhandenes Vermögen verwerten.

Die Wohlverhaltensperiode

Die Wohlverhaltensperiode ist die Zeit zwischen der Insolvenzeröffnung und der Restschuldbefreiung. In der Zeit muss der pfändbare Teil an den Treuhänder abgetreten werden. Zunächst deckt er damit seine Kosten, die am Ende sowieso zu bezahlen sind. In dieser Zeit muss sich der Schuldner korrekt verhalten. Jobwechsel oder Umzüge sind dem Treuhänder mitzuteilen.

Die Restschuldbefreiung

3 Jahre nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entscheidet das Gericht, ob dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt wird, er also schuldenfrei ist. Hat sich der Schuldner korrekt verhalten, geschieht dies problemlos.

Was tun bei plötzlichem Geldsegen in der Wohlverhaltensperiode?

Bei einem Erbe muss die Hälfte an den Treuhänder abgetreten werden, allerdings als Geldwert. Bei Schenkungen und Lotteriegewinnen muss der Schuldner den Gläubigern kurioserweise nichts abgeben. Bei einem riesigen Gewinn kann es Sinn machen, die Insolvenz vorzeitig zu beenden, indem alle Gläubiger ausgezahlt werden. Umso eher wird auch die Schufa wieder bereinigt. Schufa-Einträge werden in der Regel nach 3 Jahren gelöscht, wenn alle offenen Zahlungen geleistet wurden.

Ausnahmen der Restschuldbefreiung

Von den meisten Schulden ist man nach der Restschuldbefreiung, wie der Name es vermuten lässt, befreit. Doch es gibt ein paar Ausnahmen. Dazu zählen Schulden aus Steuerhinterziehungen, Straftaten, Straf- und Bußgeldern und sogar Unterhaltszahlungen, wenn sie vorsätzlich nicht geleistet worden sind.

Kosten der Privatinsolvenz

Eine Privatinsolvenz ist natürlich nicht kostenlos. Der Schuldnerberater oder Anwalt will bezahlt werden. Eventuell findet man auch eine kostenlose Beratungsstelle. Um die Kosten für den Treuhänder und das Gericht kommt man aber nicht herum.

Fazit: Die Privatinsolvenz ist eine Möglichkeit, sich von Schulden zu befreien, falls man gar keinen Ausweg mehr sieht. Damit es nicht so weit kommt, ist es ratsam, die monatlichen Ausgaben immer als Gesamtsumme im Auge zu behalten. Ein Haushaltsbuch kann dabei helfen. Es lässt sich schnell eine Excel-Tabelle anlegen, alternativ gibt es inzwischen auch einige Apps, die genutzt werden können. Denn auch, wenn eine Insolvenz die Chance auf einen Neuanfang bietet, ist sie mit vielen Einschränkungen verbunden.

https://finanzgeplauder.de/verschuldung-ist-die-privatinsolvenz-der-letzte-ausweg/

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