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Erbschaft annehmen oder besser ausschlagen?

Wer träumt nicht von der reichen Erbtante in Amerika, die einem ihr ganzes Vermögen hinterlässt und sich plötzlich alle Geldsorgen in Luft auflösen. Der Begriff Erbschaft wird meist damit assoziiert, etwas zu bekommen. Doch es können nicht nur Geld und Sachwerte hinterlassen werden, genauso gut kann der Erblasser hoch verschuldet sein. Schulden gehen genau wie Vermögen auf den Erben über.

Wann ist es besser, das Erbe auszuschlagen?

Wenn der Erbe weiß, dass der Verstorbene mehr Schulden als Vermögenswerte besaß, ist es ratsam, über eine Ausschlagung nachzudenken. Aber auch, wenn der Erbberechtigte keine Zeit hat, sich um den Nachlass zu kümmern, weil er beispielsweise im Ausland lebt, kann er das Erbe ausschlagen.

Erbschaften, die auf den ersten Blick lukrativ erscheinen, könnten sich als das Gegenteil entpuppen. Zum Beispiel könnten alte baufällige Immobilien vererbt werden, dessen Instandsetzung jede Menge Kapital verschlingen würde. Im Übrigen sind die Erben dazu verpflichtet, die Beerdigungskosten des Verstorbenen zu bezahlen.

Wie erfahre ich von der Erbberechtigung?

Im Idealfall gibt es ein Testament. Sollte keines vorhanden sein, gilt die gesetzliche Erbfolge. In dem Fall gibt es keine Information vom Nachlassgericht. Es wird davon ausgegangen, dass die direkten Nachkommen über die Erbschaft Bescheid wissen.

Falls sie das Erbe ausschlagen, kontaktiert das Gericht die nächsten Verwandten, die nun erbberechtigt sind. Bei der Ausschlagung wird bereits nach weiteren Angehörigen gefragt. Für sie beginnt die Frist erst mit Erhalt des Schreibens vom Nachlassgericht. Schließlich können sie nicht unmittelbar nach dem Tod des Erblassers von einer Erbschaft ausgehen. Sollten diese ebenfalls kein Interesse an dem Nachlass haben, werden die nächsten Personen in der Erbfolge angeschrieben.

Wenn alle das Erbe ausgeschlagen haben und niemand mehr übrig ist, erbt der Staat das Vermögen des Verstorbenen, jedoch nicht seine Schulden. Von den Geldwerten, sofern vorhanden, werden unter anderem die Räumungskosten bezahlt. Der Staat übernimmt aber nicht automatisch die Beerdigungskosten. Zunächst werden dafür alle Verwandten, in der gesetzlichen Erbfolge, herangezogen. Nur, falls diese nachweislich nicht über die finanziellen Mittel verfügen, tritt der Staat ein und finanziert eine Sozialbestattung.

Wie kann ein Erbe ausgeschlagen werden?

Sobald man von dem Erbe in Kenntnis gesetzt wird, hat der Erbe sechs Wochen Zeit, die Erbschaft auszuschlagen. Dazu geht er einfach zum Nachlassgericht seines oder des Wohnsitzes des Verstorbenen und beantragt dort die Ausschlagung. Die Kosten dafür betragen derzeit 30 Euro. Der Erbberechtigte könnte auch zu einem Notar gehen und von ihm ein beglaubigtes Schriftstück aufsetzen lassen, welches dem Nachlassgericht vorgelegt wird. Lebt der Erbe im Ausland, beträgt die Frist sechs Monate.

Ist der Erbberechtigte im Besitz einer Sterbeurkunde, sollte diese zum Gericht mitgenommen werden. Oft dauert es aber eine Weile, bis sie ausgestellt wird. Wer darauf wartet, verliert unter Umständen wertvolle Zeit. Allerdings müssen der letzte Wohnsitz und der Todestag des Erblassers bekannt sein, um die Erbschaft ohne die Urkunde ausschlagen zu können.

Zu beachten gilt, wer das Erbe ausschlägt, hat auch kein Recht auf persönliche Dinge des Verstorbenen, wie beispielsweise Fotoalben oder andere Erinnerungsstücke. Sonst könnte sich jeder die Rosinen rauspicken. Im schlimmsten Fall werden alle privaten Gegenstände vom Staat beziehungsweise der Räumungsfirma vernichtet. Darüber sollten sich die Erben im Klaren sein und ihre Entscheidung gut abwägen.

Woher weiß ich, ob der Verstorbene Schulden hatte?

Ist der Erbberechtigte unsicher, ob der Erblasser verschuldet war, kann er einen Rechtsanwalt für Erbrecht mit der Ermittlung beauftragen. So weiß er genau, worauf er sich einlässt.

Kann das Erbe nach der Frist noch ausgeschlagen werden?

Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Erbschaft nach der Frist angefochten werden, beispielsweise, wenn der Erbe keine Kenntnis darüber hatte, dass der Verstorbene hoch verschuldet war. Diese Frist beträgt ebenfalls nur 6 Wochen. Ebenso kann eine Ausschlagung aus wichtigem Grund, wegen Irrtums, angefochten werden.

Was tun, wenn alle Fristen verstrichen sind?

Ist es zu spät für eine Anfechtung, besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Nachlassinsolvenz beim Nachlassgericht zu stellen. Dies muss innerhalb von zwei Jahren nach Annahme des Erbes geschehen. Generell sollte es aber schnellstmöglich in die Wege geleitet werden. Das eventuell vorhandene Vermögen des Verstorbenen geht an die Gläubiger. Sollte der Nachlassempfänger bereits Geld davon an sich genommen haben, muss er das aus seinem Privatvermögen erstatten.

Wenn Kinder erben

Ein minderjähriges Kind kann nicht selbst zum Nachlassgericht gehen und die Erbschaft ausschlagen. Seine Eltern oder andere gesetzlichen Vertreter müssen zu seinem Wohle entscheiden. Bei einer Ausschlagung wird die Genehmigung des Familiengerichts benötigt. Es sei denn, das Kind ist nur erbberechtigt geworden, weil bereits ein Elternteil das Erbe ausgeschlagen hat. In dem Fall ist keine Zustimmung des Familiengerichts erforderlich.

Fazit: Die Entscheidung, eine Erbschaft anzutreten oder auszuschlagen sollte gut überlegt werden. Falls der Erbe sich unsicher ist, ob er Schulden oder Vermögen vererbt bekommt, kann er einen Anwalt für Erbschaftsrecht hinzuziehen, um Klarheit zu bekommen.

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Hanna

    Ich denke dies ist in den meisten Fällen eine schwierige Entscheidung. Da man falls man es ausschlägt ja nicht eine Sache behalten darf, gehen ja somit auch viele Andenken an die Person verloren. Ich habe den Prozess einmal durch, aber nur, weil jemand vor mir bereits das Erbe ausgeschlagen hatte. Da ich die Person nur sehr wenig kannte fand ich es zwar komisch aber okay, andernfalls ist es glaub ich emotional sehr schwer.

    Viele Grüße,
    Hanna

    1. Da hast du Recht, Hanna. Pauschal kann man natürlich keine Aussage treffen, was der richtige Weg ist. Man sollte sich eben nur bewusst sein, dass man auch Schulden erben könnte und sich im Zweifel professionelle Unterstützung dazu holen. Aber selbst, wenn man ausschlägt, das Wichtigste kann einem eh keiner nehmen und das sind die Erinnerungen an die Erlebnisse mit der verstorbenen Person.

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